Presse

Atelierbesuche der Hamburger Stipendiaten von 1998
Von JULIA MUMMENHOFF

Jan Klinks Gemälde erstaunen durch ihren ganz offensichtlichen Anachronismus. Personen sind darauf zu sehen, die man sofort als Romanhelden verflossener Generationen erkennen möchte. Dramatisiert und aufgewühlt erscheinen sie oder zerfurcht und in sich gekehrt. Ein Realismus wird gepflegt, der der romantischen Vorstellung von Malerei entspricht. Der Künstler wähnt sich aber nicht im 19. Jahrhundert. Es geht ihm um ein malerisches Ideal. Das Risiko, daran zu scheitern, kalkuliert er bewusst ein.Nach dem Studium bei Koberling an der Hamburger Hochschule für bildende Künste hat sich Jan Klink zurückgezogen, um seine eigene Position zu entwickeln. Mit figürlicher Malerei begann er noch an der Hochschule, als Malerei generell kaum stattfand, und vor allem das Erzählerische verpönt war.Am Anfang steht Persönlichkeit oder ein Reiseeindruck, Jan Klink ist früher viel und weit gereist. Die oft vielfigurigen Arbeiten entstehen in einem langsamen und offenen Prozesse des Übermalens, Verwerfens, manchmal auch Zerschneidens. Eine ursprüngliche Idee wandelt sich so.Während des Stipendiaten-Jahres ist ein Bild innerhalb von zwei Wochen entstanden: Ein alter Mann sitzt in einem Raum, die Hände im Schoß, der Blick geht ins Leere. Während des Malens habe er an den alten Mathers aus dem Roman „Der dritte Polizist“ von Flann O’Brian denken müssen, liefert Jan Klink selbst eine literarische Assoziation. Ihm gefällt die Perspektive des Romans, die absurde Komik einer Nach-Tod-Ebene, denn der Ich-Erzähler ist tot, genau wie der alte Mathers, den er auf dem Gewissen hat. Er weiß es nur nicht.Verschiedene Bedeutungsebenen lassen sich in den Gemälden Klinks ausmachen, nichts ist jedoch eindeutig. Der Fußboden des Raumes, ein weißer Bretterboden, genau wie in Klinks Atelier, liefert eine malerische Projektionsfläche für Erscheinungen: In diesem Fall eine Spielkarte und eine Sciene-Fiction-Spielfigur. Zwei halb geöffnete Schränke, ein schwerer dunkler, der fast die Hälfte des Bildes einnimmt und ein kleiner, könnten als Metaphern eines „Innenlebens“ gedeutet werden. Die kleine Figur, die den Schrank verlässt, könnte dann „Joe“ sein. So nannte der Erzähler in „Der dritte Polizist“ seine eigene Seele, als wäre sie ein anderes Wesen.